Klimaneutral erzeugter Wasserstoff soll im künftigen Wirtschaftssystem eine zentrale Rolle spielen. Als Energieträger soll er in neuen Gaskraftwerken Strom erzeugen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. In der Industrie soll er etwa bei der Stahlherstellung Kohlenstoff ersetzen und so große Mengen klimaschädliches Kohlendioxid vermeiden.
Denn das Abfallprodukt ist jeweils schlichtes Wasser. Das Problem: Benötigt werden riesige Mengen. Sie sollen in besonderen Maschinen erzeugt werden, sogenannten Elektrolyseuren. Sie spielen auch eine Rolle in den zum Wochenanfang veröffentlichten Eckpunkten der neuen Kraftwerksstrategie der Bundesregierung. Unter anderem sollen Bau und Betrieb von Elektrolyseuren erleichtert werden, heißt es darin.
Was ist ein Elektrolyseur?
Ein Elektrolyseur ist ein Hightech-Gerät, in dem ein Stoff mithilfe von Strom in seine Bestandteile zerlegt wird. Geht es um die Gewinnung von Wasserstoff, ist der Ausgangsstoff Wasser. Wasser besteht chemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff. Die chemische Formel lautet H2O, das bedeutet, jeweils ein Sauerstoff-Atom ist mit zwei Wasserstoffatomen verbunden. Wurde der eingesetzte Strom klimaneutral erzeugt, spricht man von grünem Wasserstoff. Zur Unterscheidung der Herstellungsweise werden ihm auch andere Farben zugeschrieben.
Was ist der Unterschied zu einer Brennstoffzelle?
Ein Elektrolyseur ist quasi eine umgekehrte Brennstoffzelle. Eine Brennstoffzelle nutzt Wasserstoff und Sauerstoff, um Strom und Wärme zu produzieren, erklärt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. „Technisch gesehen sind Elektrolyseure und Brennstoffzellen also eng miteinander verwandt.“
Schneller schlau: Das Wasserstoffauto
Beim Wasserstoff- oder auch Brennstoffzellenauto wird aus Wasserstoff Strom gemacht. Prinzip und Funktionsweise einer Brennstoffzelle sind einfach und außerdem schon lange bekannt:
Entdeckt wurde die Brennstoffzelle 1838 von Christian Friedrich Schönbein. Das Grundprinzip ist nichts anderes als die Umkehrung der Elektrolyse. Bei dieser lassen sich mit Hilfe von Strom, der durch eine Flüssigkeit geleitet wird, verschiedene Stoffe wie Natronlauge, Chlorgas oder Wasserstoff herstellen. In der Brennstoffzelle geschieht das Gegenteil, denn in ihr lässt sich mit verschiedenen Ausgangsstoffen Strom erzeugen. Damit ist die Brennstoffzelle nicht ein Energiespeicher, sondern ein Energiewandler.
Damit ein Brennstoffzellenauto fährt, braucht es noch einen Elektromotor, der dann mit dem in der Brennstoffzelle erzeugten Strom betrieben wird.
Geeignet für die Umwandlung sind unter anderem Methanol, Butan oder Erdgas. In der Regel aber wird Wasserstoff verwendet – in diesem Fall müsste präziser von einer Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle die Rede sein; ohne Sauerstoff funktioniert der Prozess nämlich auch nicht.
Im Inneren der Brennstoffzelle gibt es zwei gasdurchlässige Elektroden (Anode und Kathode), die mit einem Katalysator (in der Regel Platin) beschichtet und durch eine sogenannten Elektrolytmembran voneinander getrennt sind. Der Anode wird beim Betrieb gasförmiger Wasserstoff zugeführt, der Kathode Sauerstoff. Beides reagiert miteinander und durch die Potenzialdifferenz der beiden Elektronen entsteht eine elektrische Spannung. Die chemische Reaktion dahinter ist deutlich komplexer, Fakt aber ist, dass mit der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff Strom entsteht – und Wasser. Letzteres wird dann wie die Verbrennungsabgase aus einem Auspuff einfach in die Umwelt abgeführt.
Der Vorteil von Brennstoffzellenautos gegenüber herkömmlichen Akku-Autos: Über 500 Kilometer Reichweite sind mit Wasserstoff kein Problem und das Tanken dauert nur ein paar Minuten.
Auf Akkutechnik verzichten Brennstoffzellenautos allerdings nicht: Sie dienen als Puffer, der zwischen Brennstoffzelle und elektrischem Antriebssystem geschaltet ist. Unter anderem dient die Hochvoltbatterie dazu, eine verlässliche Versorgung mit Fahrstrom in jeder Fahrsituation zu gewährleisten oder durch Rekuperation erzeugte Energie zu speichern.
Wie grün die Technik ist, ist nicht einfach zu beantworten. In Hinblick auf die im Fahrzeug entstehenden Emissionen ist das Brennstoffzellenauto jedenfalls sauber.
Entscheidender ist jedoch die Frage, wie der vom Brennstoffzellenauto verbrauchte Wasserstoff erzeugt wurde. Per Elektrolyse aus Wasser und idealerweise mit Strom aus Solar- oder Windenergie? Dann entsteht grüner Wasserstoff, dessen Öko-Bilanz gut ausfällt.
Oft wird der Wasserstoff allerdings zur Zeit noch aus Erdgas gewonnen, was den grünen Lack abblättern lässt.
Stand: 6. Februar 2024
Gibt es verschiedene Arten von Wasserstoff-Elektrolyseuren?
Ja. Aktuell werden vier Technologien unterschieden, so das Bundeswirtschaftsministerium: Die alkalische Elektrolyse (AEL), die Proton-Exchange-Membran Elektrolyse (PEM), die Anionenaustauschmembran-Elektrolyse (AEM) und die Hochtemperaturelektrolyse (HTEL). „Die alkalische Elektrolyse ist bereits seit über einem Jahrhundert bekannt und kommerziell nutzbar, die PEM-Elektrolyse stellt eine deutlich jüngere Technologie dar, die ebenfalls kommerziell einsatzbereit ist“, erklärt das Ministerium. Gegenüber der AEL biete diese Technologie noch viel Potenzial für technische Entwicklungen und Kosteneinsparungen. Auch die AEM-Technologie sei geeignet, Wasserstoffproduktion aus regenerativem Strom in Zukunft massentauglich zu machen, heißt es weiter. Die HTEL befinde sich noch in der Pilotphase.
In welchen Größen gibt es Elektrolyseure?
Für die Größenordnung wird meistens angegeben, wie viel Strom eine Anlage maximal aufnehmen kann. Diese Leistungsaufnahme wird dabei in der Einheit Watt gemessen. Damit die Zahlen nicht so groß werden, setzt man die üblichen Vorsilben Kilo, Mega oder Giga davor. Ein Megawatt (MW) sind eine Million Watt. Auf dem Gelände des Shell Energy und Chemical Parks bei Köln steht beispielsweise eine 10 Megawatt-PEM-Anlage, die mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Das Projekt heißt Refhyne.
Wie viel Wasserstoff können Elektrolyseure erzeugen?
Die Refhyne-Anlage (10 MW) kann jährlich bis zu 1300 Tonnen Wasserstoff produzieren. Der Anlagenbauer Thyssenkrupp Nucera geht nach früheren Angaben davon aus, dass sein 20-Megawatt-Modul bis zu 3100 Tonnen Wasserstoff jährlich produzieren kann.
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Wie viel Wasserstoff wird denn gebraucht?
Wenn von Wasserstoffmengen die Rede ist, wird auch gerne der Energiegehalt in Wattstunden genannt. 100.000 Tonnen Wasserstoff haben dabei einen Energiegehalt von 3,33 Terawattstunden (TWh), also 3,33 Milliarden Kilowattstunden.
Zurzeit werden in Deutschland jährlich rund 55 Terawattstunden Wasserstoff benötigt. Er wird vor allem durch ein Verfahren namens Dampfreformierung etwa aus Erdgas gewonnen. Das dabei anfallende Kohlendioxid entweicht in die Atmosphäre. Der so hergestellte Wasserstoff wird „grau“ genannt.
Schneller schlau: Wasserstoff
Das chemische Element Wasserstoff (H) gehört zu den ältesten Elementen in unserem Universum. Es ist einer der Grundbausteine von Sternen, die Sonne zum Beispiel besteht zu knapp drei Vierteln aus Wasserstoff und zu knapp einem Viertel aus Helium. Wasserstoff ist in gebundener Form in allen lebenden Organismen zu finden. Auf der Erde ist die molekulare Form des Wasserstoffs (H2) ein geruchsloses, brennbares Gas.
Weil bei der Verbrennung von Wasserstoff (H) mit Sauerstoff (O) schlicht Wasser, also H2O, entsteht und eben kein klimaschädliches Treibhausgas Kohlendioxid (CO2), wie bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe.
Wird Wasserstoff klimafreundlich hergestellt, soll er dabei helfen, den Ausstoß von CO2 deutlich zu verringern und laut Bundesregierung sogar „bis auf null zu führen“.
Stand: 26. Juli 2023
Der Wasserstoff soll vorzugsweise mit Hilfe von erneuerbarem Strom in sogenannten Elektrolyseverfahren hergestellt werden. Dabei zerlegt Strom Wassermoleküle in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff. Wird dabei Strom aus regenerativen Energiequellen verwendet, wird der Wasserstoff „grün“ genannt.
Je nach Art der Herstellung werden auch andere Farben zur Bezeichnung verwendet. So spricht man etwa von „grauem“ Wasserstoff, wenn bei der Herstellung aus Erdgas das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) entweicht.
Wird dabei das freiwerdende Kohlendioxid gespeichert, bezeichnet man ihn als „blau“.
Wird dabei fester Kohlenstoff gewonnen, wird der Wasserstoff „türkis“ genannt.
Mit Ökostrom hergestellter Wasserstoff soll zum einen als chemischer Rohstoff eingesetzt werden. Als Grundstoff für die chemische Industrie wird Wasserstoff schon lange verwendet, etwa zur Herstellung von Ammoniak, einer Ausgangsbasis für Düngemittel. In der Stahlindustrie etwa soll Öko-Wasserstoff künftig eine zentrale Funktion übernehmen: Wo bei der Herstellung von Roheisen bislang Kohle dem Eisenerz den Sauerstoff entzieht, soll künftig Wasserstoff ran.
Zum anderen soll er als Energieträger und damit auch als Energiespeicher dienen. In einigen Jahren soll er etwa als Brennstoff in modernen Gaskraftwerken zur Stromerzeugung verwendet werden. Sie sollen zum Einsatz kommen, wenn nicht genügend erneuerbarer Strom etwa aus Wind- und Sonnenenergie zur Verfügung steht. In Brennstoffzellen wird Wasserstoff schon länger zur Stromerzeugung eingesetzt. Gelagert werden soll Wasserstoff etwa in früheren Erdgasspeichern.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass im Jahr 2030 weitere 40 bis 75 Terawattstunden Wasserstoff nötig sind, insgesamt also 95 bis 130 Terawattstunden, das sind bis zu 3,9 Millionen Tonnen. In der Menge sind auch sogenannte Wasserstoffderivate enthalten, also Energieträger, die auf Wasserstoff basieren wie Ammoniak, Methanol oder synthetische Kraftstoffe. Ein großer Abnehmer von Wasserstoff wird die Stahlindustrie sein. So wird etwa die geplante Direktreduktionsanlage von Thyssenkrupp in Duisburg, die in der Stahlherstellung einen Hochofen ersetzen soll, jährlich 143 000 Tonnen brauchen.
Woher soll der Wasserstoff kommen?
Vor allem aus dem Ausland, aber auch aus dem Inland. So soll Deutschland bis 2030 laut Nationaler Wasserstoffstrategie 10 Gigawatt Elektrolyse-Kapazität aufbauen. „Der damit erzeugbare Wasserstoff reicht aus, um rund 30 bis 50 Prozent des deutschen Wasserstoff-Bedarfs 2030 zu decken“, erklärt die Bundesregierung. Den Rest soll Deutschland importieren etwa aus Afrika oder Australien. Dazu wird aktuell eine Wasserstoff-Importstrategie erarbeitet.
Von den 10 Gigawatt ist Deutschland allerdings noch weit entfernt. Laut Wasserstoffbilanz des Energiekonzerns Eon waren im August vorigen Jahres 33 Elektrolyseure mit einer installierten Leistung von 62 Megawatt in Betrieb. Für das Jahr 2030 waren zugleich 111 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 8,7 Gigawatt (=8712 Megawatt) geplant. Große Elektrolyseure mit 100 Megawatt oder auch deutlich mehr sollen etwa in Wilhelmshaven oder Rostock entstehen.
Wer baut Elektrolyseure?
Die vom bayerischen Wirtschaftsministerium geförderte Beratungs- und Informationsorganisation Carmen hat im Internet eine Marktübersicht veröffentlicht. Im Juli 2023 umfasste sie 96 Systeme von 19 Anbietern. Die größten Anlagen hatten dabei eine Leistung von 20 MW, die kleinste von 6 Kilowatt, also 0,006 Megawatt.
Sind Elektrolyseure gefährlich?
„Sie sind technologisch beherrschbar und weitestgehend ungefährlich“, sagt Thomas Kattenstein von der TÜV Nord-Tochter EE Energy Engineers. Er hält es für „sehr unwahrscheinlich“, dass an einem Elektrolyseur ein zündfähiges Luft-Wasserstoff-Gemisch entsteht, das eine Explosion verursachen könnte. „Wasserstoff ist leichter als Luft und steigt sofort hoch. Wenn irgendwo ein Leck ist, dann wird sich der Wasserstoff sehr schnell verflüchtigen.“
In den Betriebsgebäuden gebe es für solche Fälle Sicherheitsvorrichtungen. „Etwa Klappen im Dach, die aufgehen, wenn Detektoren entsprechende Wasserstoffkonzentrationen messen, so dass nach menschlichem Ermessen nichts passieren kann.“ Als weitere Sicherheitsmaßnahme ist laut dem Experten jede Anlage an Stickstoff-Flaschen angeschlossen, die den Wasserstoff aus der Anlage ausspülen können, so dass sich keine gefährlichen Konzentrationen bilden können.
Fallen beim Betrieb von Elektrolyseuren gefährliche Stoffe an?
Nein, nur Sauerstoff und Wasserstoff. Allerdings brauche man bei großen Anlagen Kühlmittel, sagt Kattenstein. Verwendung fänden etwa Wasser-Glykolmischungen. „Da müssen natürlich entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, dass die nicht ins Erdreich kommen.“ Um Leckagen aufzufangen, gebe es Auffangbecken.
Bei dem Elektrolyse-Verfahren der alkalischen Elektrolyse komme ätzende Kalilauge zum Einsatz, erklärt Jan Simoneit von Energy Engineers. „Für den Fall, dass etwas ausläuft, gibt es auch hier Auffangwannen.“
Gibt es auch kleinere Elektrolyseure für den Hausgebrauch?
Ja. So bietet etwa das Berliner Unternehmen HPS wasserstoffbasierte Energiespeichersysteme an, bei denen der auf dem Hausdach produzierte Solarstrom in einem Elektrolyseur grünen Wasserstoff erzeugt. Dieser kann dann zum Beispiel im Winter mithilfe einer Brennstoffzelle wieder für die Stromerzeugung verwendet werden.
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