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Wirtschaft von oben #230 – Chinas AutoindustrieSo bereitet Nio den Großangriff auf deutsche Autobauer vor

Der junge chinesische Elektroautobauer Nio gilt als aussichtsreich, gegen BMW, Mercedes und Volkswagen bestehen zu können. Satellitenbilder zeigen nun, wie massiv und rasant er gerade Werke hochzieht. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.Thomas Stölzel 02.10.2023 - 14:50 Uhr

Die erste neue Nio-Fabrik. Weitere werden gerade gebaut.

Foto: LiveEO/Pleiades

Als dem chinesischen Elektroautobauer Nio 2019 das Geld so langsam ausging, sah es düster für seine Zukunft aus. Doch dann zog das Management des Unternehmens einen Joker aus dem Ärmel: die Regierung der Provinz Anhui. Im Gegenzug dafür, dass Nio sich in deren Region ansiedelt – etwa seine Zentrale dort einrichtet –, sorgte diese für die entsprechende finanzielle Ausstattung.

Mehr als drei Jahre später gilt Nio als der chinesische Autobauer, der es wohl am ehesten mit westlichen Markten wie BMW und Mercedes aufnehmen kann. Er sorgte für Aufmerksamkeit, als er 2022 in Europa reihenweise Preise für sein Design abräumte – auch in Deutschland. Inzwischen betreibt das Unternehmen in mehreren deutschen Großstädten Stores.

Neueste Satellitenbilder von LiveEO zeigen nun, wie Nio in der Provinz Anhui gleich mehrere riesige Autofabriken parallel hochzieht. Auch, um den europäischen Markt mit seinen E-Fahrzeugen zu fluten.

Nördlich der Stadt Hefei entsteht mit dem Neo Park ein gewaltiger, auf den Bau von Elektroautos spezialisierter Industriepark. Wichtigste Ansiedlung hier: Nio. Auf einer Fläche von 11,3 Quadratkilometern sollen pro Jahr künftig eine Million Elektroautos gebaut werden. Zum Vergleich: Das größte Autowerk eines deutschen Autoherstellers steht in Wolfsburg und kann 800.000 Fahrzeuge im Jahr produzieren.

Seine erste Fabrik F1 betreibt Nio noch zusammen mit dem staatlichen chinesischen Autobauer JAC in Hefei. Die zweite Fabrik F2, die erste wirklich eigene, ist Anfang 2021 bis Anfang 2022 im Neo Park entstanden. Dafür ließ die Provinzregierung landwirtschaftliche Flächen räumen und gleich mehrere Dörfer abreißen, zeigen Satellitenbilder. Dass das Werk bereits produziert, zeigt eine Aufnahme vom Auslieferparkplatz im Nordwesten des Werkes. Eine genauere Analyse aus dem All lässt der Parkplatz allerdings schwer zu, weil er anders als bei den meisten Autobauern zum größten Teil überdacht ist – mit Solarpanelen.

Nun zeigen die Aufnahmen, dass direkt im Norden dieses neuen Werkes eine weitere Fabrik hochgezogen wird. Einer mit den Vorgängen im Unternehmen vertrauten Person zufolge handelt es sich dabei um die dritte Fabrik von Nio namens F3. Während hier Bulldozer auf der einen Seite noch den Boden und Teiche planieren, ziehen Bauarbeiter auf der anderen Seite schon die ersten Werkhallen hoch.

In der F3-Fabrik will Nio Autos einer neuen Submarke bauen, die derzeit den Codenamen Alps trägt. Sie soll offenbar eher im unteren Preissegment angesiedelt sein. Damit will das Unternehmen beispielsweise mit dem Volkswagen ID.4 oder dem Tesla Model Y konkurrieren. Die Wagen werden Branchendiensten zufolge für unter 30.000 Euro zu haben sein.

Nio-Werk F3 im Neo Park, Hefei, Provinz Anhui, China 12.08.2023: Auf dem Gelände, wo offenbar die Fabrik F3 entstehen soll, planieren Bulldozer den Boden und schütten Teiche zu. Bild: LiveEO/Pleiades Foto: WirtschaftsWoche

Nio geht mit seinen Elektrofahrzeugen derzeit einen technologisch weltweit einzigartigen Weg. Während Besitzer von E-Autos anderer Hersteller an Ladesäulen warten müssen, bis ihre Wagen aufgeladen sind, sollen Nio-Kunden die Batterien an speziellen Wechselstationen in kürzester Zeit tauschen können. Das soll auch für die Modelle von Alps gelten.

Aktuell bezieht Nio seine Batterien derzeit noch von Zulieferern, will diese aber bald ebenfalls im Neo Park in Hefei selbst bauen. Das könnte beispielsweise östlich neben der Fabrik F2 passieren. Hier wurden, wie Satellitenbilder zeigen, in den vergangenen Monaten eine riesige Gärtnerei und ein Dorf abgerissen. Den Planungen von Neo Park zufolge sollen rund um F2 fünf weitgehend ähnlich aussehende Fabriken hochgezogen werden. Das spräche eher dafür, dass es sich nebenan um ein weiteres Fahrzeugwerk handeln könnte – die Batteriefabrik anderswo auf dem Gelände entsteht.

Nio-Werke F2 und F3 im Neo Park, Hefei, Provinz Anhui, China 09.09.2022: Der Auslieferparkplatz des Werkes. Wie viele Neuwagen hier stehen, ist aber schwer zu erkennen, weil er großteils mit Solarpanelen überdacht ist. Bild: LiveEO/Pleiades Foto: WirtschaftsWoche

Der Bau dieser ersten Nio-Batteriefabrik wurde im Frühsommer ohnehin erst einmal verzögert, weil Nio offenbar langsamer gewachsen ist als erwartet. Auf dem chinesischen Markt wurden in den Monaten Juli und August jeweils rund 20.000 Wagen verkauft. Das sind zwar noch nicht einmal zehn Prozent von dem, was Branchenprimus BYD in China absetzt. Aber Nio kommt von einem niedrigen Niveau. Im August 2022 waren es nur rund 10.000 Fahrzeuge, im August 2021 nur etwas über 5000. Auch sind offenbar die Batteriepreise gefallen, was ebenfalls die Entscheidung beeinflusst haben könnte.

135 Kilometer Luftlinie weiter östlich, in der Stadt Chuzhou, baut das Unternehmen eine weitere Fabrik – F4 genannt. Die dürfte noch etwa interessanter sein für europäische Autobauer. Die chinesische „Financial Associated Press“ hatten im Februar aus der Stadtverwaltung erfahren, dass Nio diese alte Fabrik des 2019 pleite gegangenen Autobauers Leopaard Motors gerade umbaut und erweitert. Das Werk war zunächst nach der Pleite von Leopaard verstaatlicht worden.

Satellitenbilder zeigen deutlich, wie der alte Autobauer sein Geschäft heruntergefahren hat und nun Nio einzieht. Ein Teil der alten Hallen hat das Unternehmen abgerissen und lässt nun neue darauf bauen. Einen anderen Teil der alten Gebäude hat Nio aber übernommen.

Im Werk F4 sollen ebenfalls Autos einer neuen Submarke entstehen, Codename Firefly. Diese Wagen sind vor allem für den europäischen Markt bestimmt, den chinesische Autobauer gerade massiv ins Visier nehmen. Dabei soll es sich ebenfalls um kleinere Autos, die um die 25.000 Euro kosten, handeln.

Die EU hatte auf Drängen Frankreichs Mitte September eine Untersuchung angekündigt, in der sie die Subventionen, die chinesische Autobauer bekommen, unter die Lupe nehmen will. Sie fürchtet, dass China mit Dumpingpreisen den europäischen Markt überrollt. Vor allem in Frankreich machen die chinesischen Hersteller bereits gute Geschäfte.

Hier finden Sie alle Beiträge aus der Rubrik „Wirtschaft von oben“

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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