Sachverständigenrat: Wirtschaftsweise verschärfen den Anti-Wasserstoff-Kurs
Im Mercedes-Benz Lkw Werk der Daimler Truck AG wird symbolisch ein eActros enthüllt.
Foto: dpaDer Sachverständigenrat (SVR) der so genannten Wirtschaftsweisen will in einer gemeinsamen Erklärung mit seinem französischen Pendant, dem Conseil d’Analyse Économique, am 21. März die Politik auffordern, staatliche Fördermittel vorrangig in batterieelektrische Lkw und den Aufbau der dafür benötigten Ladeinfrastruktur zu stecken. Die Alternativen wie Wasserstoff oder eFuels sollten nach Meinung der führenden Ökonomen bis auf weiteres nicht mehr staatlich gefördert werden.
Nicht unterzeichnet hat den Aufruf nur ein Mitglied des SVR, die Nürnberger Energieökonomin Veronika Grimm. Das Papier, das der WirtschaftsWoche vorab vorliegt, trägt die Unterschriften der restlichen vier deutschen Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer, Achim Truger, Ulrike Malmendier und Martin Werding, sowie der französischen Sachverständigen Sylvain Chassang, Aurélien Saussay und Katheline Schubert.
Grimm hatte einem ähnlichen Papier aus dem Vorjahr, damals nur vom deutschen SVR, bereits ihre Zustimmung verweigert. Der Streit innerhalb des Gremiums war im Mai 2024 eskaliert, weil Grimm nicht nur wasserstofffreundliche Positionen vertritt, sondern auch über mehrere Ämter mit der Branche verbunden ist. So sitzt sie etwa im Nationalen Wasserstoffrat, der an der Förderung auch von Wasserstoff-Trucks und der zugehörigen Tankinfrastruktur festhält. Grimm ist zudem Aufsichtsrätin bei Siemens Energy.
Andere Mitglieder des Rats warfen ihr daher Parteilichkeit und einen Interessenkonflikt vor. Grimm wiederum ist der Ansicht, eine frühzeitige Festlegung auf nur eine Antriebsform beschädige Exportchancen für die deutsche Industrie in den anderen Bereichen.
Wasserstoff zu aufwendig und zu teuer
Die anderen Wirtschaftsweisen aus Deutschland und Frankreich argumentieren, der Batterieantrieb sei sehr viel weiter entwickelt und im Gesamtsystem nicht nur technisch effizienter, sondern auch ökonomischer als Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe, eFuels. „Elektro-Lkw sind der bei weitem schnellste und effizienteste Weg zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs“, schreiben sie in ihrer Erklärung.
„Wir raten daher der Politik zu einem klaren Fokus auf diese Technologie bei staatlichen Förderprogrammen.“ Zudem bräuchten die Hersteller von Trucks „verlässliche Rahmenbedingungen, damit sie wissen, auf welche Technologie sie ihre Entwicklungsbudgets fokussieren sollen“, heißt es aus dem Rat.
Die deutsche und französische Wirtschaft seien eng verzahnt, was in einem erheblichen Warenverkehr auf der Straße zwischen den beiden Ländern resultiere. Eine Fokussierung der beiden größten Volkswirtschaften auf die bereits gut entwickelte Technologie Batterieantrieb könne eine „Sogwirkung auch auf den Rest der EU entfalten“, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme.
Eine Verlagerung von Lkws auf die Schiene sei wegen begrenzter Kapazitäten zumindest kurz- und mittelfristig kaum möglich; die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs daher alternativlos, schreiben die Top-Ökonomen.
Steuergelder sollten daher nicht mehr auf alle technischen Kandidaten verteilt, sondern vor allem auf den Ausbau der Schnelllade-Netze entlang der Fernrouten fokussiert werden.
Die ingenieurwissenschaftliche Forschung gibt den Ökonomie- Sachverständigen weitgehend recht. In zahlreichen Untersuchungen hat sich das System Batterie-Truck inklusive Ladeinfrastruktur als deutlich effizienter und letztlich auch kostengünstiger als die Alternativen Brennstoffzelle plus Wasserstofftanknetz oder klimaneutrale Dieselkraftstoffe, so genannte eFuels, erwiesen.
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