Künstliche Intelligenz: „Wird den Weg, wie Nutzer mit der SAP-Software arbeiten, grundsätzlich verändern“

SAP geht beim Megathema generative Künstliche Intelligenz (KI oder Artificial Intelligence, AI) den nächsten Schritt: Der Softwarekonzern bringt einen eigenen Assistenten namens Joule auf Basis generativer KI auf den Start. Der Sprachbot soll ähnlich funktionieren wie das amerikanische Vorbild ChatGPT; allerdings setzt Joule nicht auf Internetdaten auf, sondern auf den in der SAP-Software schlummernden Firmendaten. „Joule hat das Potenzial, die Geschäftsabläufe von Unternehmen und die Arbeitsweise ihrer Mitarbeitenden tiefgreifend zu verändern“, sagt SAP-Vorstandschef Christian Klein. „Joule versteht nicht nur die Anweisungen des Nutzers, sondern auch den betriebswirtschaftlichen Kontext.“
Erst im Mai hatte SAP eine Partnerschaft mit Microsoft für den Bereich KI verkündet: Seinerzeit wollten die Walldorfer den Co-Piloten der Amerikaner in einigen ausgewählten SAP-Anwendungen nutzen. Der SAP-eigene Chatbot wird hingegen in sämtliche Cloud-basierte Lösungen des Konzerns integriert – angefangen beim Personal- und Finanzwesen über das Management der Logistikkette sowie Einkauf und Kundenerlebnis.
Joule basiert auf einem von SAP selbst entwickelten Sprachmodell. „Das Modell haben wir für den Einsatz mit Geschäftsdaten feinabgestimmt“, so Technikvorstand Thomas Saueressig bei der Vorstellung des Assistenten. Dieses Vorgehen geschehe vor allem aus Gründen der Sicherheit und des Datenschutzes. „Wir nutzen zudem keine Kundendaten für das Training des Modells.“
Mit Joule sollen SAP-Nutzer künftig in natürlicher Sprache Fragen formulieren können. Als Antwort liefert der Sprachbot Antworten, die auf verschiedenen Geschäftsdaten, Texten und Bildern der angeschlossenen SAP-Systeme basieren; zudem können auch Quellen von Drittanbietern genutzt werden. „Wir glauben, dass dies den Weg, wie Nutzer mit der SAP-Software arbeiten, grundsätzlich verändern wird“, so Technikvorstand Saueressig.
Datengetriebene Geschäftsoptimierung per Sprachbot
So sollen beispielsweise Einzelhändler mithilfe von Joule die Leistungsfähigkeit ihrer Filialen verbessern können, indem der Sprachbot eine Übersicht generiert, die je Standort Produktinformationen, Zielgruppenansprache für bestimmte Produkte, Lagerbestand, Kaufverhalten, Rabatte und Lieferempfehlungen umfasst. Oder der Händler lässt Joule Lieferanten nach der durchschnittlichen Zeit für die Bezahlung von Rechnungen, Margen oder CO2-Ausstoß priorisieren.
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Durch entsprechende Befehle und Anweisungen stellt der SAP-Bot laufend neue Szenarien bereit, die mit der Zeit immer treffender werden. Der Assistent ist zudem in der Lage, gewisse Aufgaben völlig selbständig zu erledigen: So kann Joule beispielsweise der Personalabteilung helfen, vorurteilsfreie Stellenbeschreibungen zu erstellen und passende Fragen für Vorstellungsgespräche zu formulieren.
Eigener Assistent als Teil einer größeren KI-Strategie
Joule soll laut SAP im November dieses Jahres mit der SAP-Personallösung SuccessFactors und Anfang kommenden Jahres mit der Cloud-Version S/4Hana verfügbar sein; danach folgen weitere Cloud-Angebote wie etwa das Beschaffungsnetzwerk Ariba. „Nach der ersten großen Euphorie um generative KI geht es nun darum, einen messbaren Return on Investment zu erzielen“, sagt Phil Carter, Analyst beim amerikanischen Marktbeobachter IDC.
Mehr als 26.000 SAP-Cloud-Kunden können im Rahmen zahlreicher Szenarien und Partnerlösungen bereits heute SAP Business AI nutzen. Joule baut auf diesen bestehenden Angeboten von SAP auf. Zudem setzen die Walldorfer auf ein KI-Partnernetzwerk; zu diesem Zweck ist SAP im Juli dieses Jahres beim deutschen KI-Hoffnungsträger Aleph Alpha eingestiegen. Weitere Investitionen im Gesamtumfang von einer Milliarde Dollar betreffen die amerikanischen KI-Anbieter Anthropic und Cohere.
Der KI-Markt bewege sich aktuell sehr schnell voran: „Wir bleiben mit der Joule-Ankündigung nicht stehen“, beteuerte Technikvorstand Saueressig. „In den kommenden Wochen wird es weitere Neuerungen auf diesem Feld von SAP geben.“
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