Sachsen etabliert sich als globaler Halbleiterstandort
Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH
- 27.12.2024

Herr Horn, die globale Halbleiterindustrie wächst, wie die aktuellen Umsatzzahlen der Semiconductor Industry Association (SIA) zeigen. Welche Rolle spielt Sachsen dabei?
Als „Silicon Saxony“ ist Sachsen Europas größter Mikroelektronik-Standort und der fünftgrößte weltweit. Grundlage für diese erfolgreiche Entwicklung war eine– bereits seit den 1960er-Jahren und damit weit vor der deutschen Wiedervereinigung – etablierte und historisch gewachsene Expertise und Struktur in der ehemaligen DDR.
Im hoch innovativen Ökosystem arbeiten mittlerweile rund 3.650 Unternehmen und gut 81.000 Mitarbeiter. Sie sind dabei auf allen Stufen der Mikroelektronik- und IKT-Wertschöpfungskette aktiv, was einzigartig ist. Dazu trägt auch das dynamische Wachstum des Ökosystems insgesamt bei. In diesem Zusammenhang zu nennen, sind die umfangreichen Investitionen von Infineon und Bosch in den Ausbau ihrer Werke, der Neubau von Jenoptik für die Produktion von Mikrooptiken und Sensoren und das Wachstum von Globalfoundries.
Mit der im letzten Jahr verkündeten Entscheidung des weltweit größten Chip-Produzenten TSMC, sein erstes europäisches Werk in Dresden zu bauen, ist es Sachsen in Europa gelungen, sich neben Asien und Nordamerika als globaler Halbleiterstandort zu etablieren. Vor dem Hintergrund der verschobenen Investitionen von Intel in Sachsen-Anhalt und Wolfspeed im Saarland ist diese Entwicklung auch strategisch für Deutschland und Europa wichtig, um mehr Versorgungssicherheit und größere internationale Unabhängigkeit zu schaffen.
„Silicon Saxony“ - Mehr als nur Chips - Wirtschaftsförderung Sachsen
Welche Perspektiven sind aus Ihrer Sicht damit für Sachsen verbunden?
Die Chancen und Potenziale für den Standort haben wir ganz aktuell untersuchen lassen. Die Ergebnisse, der vom institut für innovation und technik – iit aus Berlin durchgeführten Studie zeigen, dass Sachsen stark von dem dynamischen Investitionsgeschehen in der sächsischen Mikroelektronikbranche profitiert. Dabei leistet das Wachstum des Halbleiter-Ökosystems in den nächsten Jahren einen deutlichen Beitrag zur weiteren positiven wirtschaftlichen Entwicklung des Standorts, die mit einer größeren Wertschöpfung und damit einem deutlichen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes, Exportwachstum und zusätzlichen Arbeitsplätzen einhergehen.Das ist eine Riesenchance für Investoren, Unternehmen, Geschäftspartner und Zulieferer aller Art – von Materialien über Maschinen bis hin zu Software und Dienstleistungen. Egal, ob aus Deutschland, Europa, den USA oder Asien
– der Freistaat Sachsen bietet mit dieser Entwicklung vielfältigste Chancen und es lohnt sich, Teil dieses besonderen Ökosystems zu werden.
Sie erwähnten Ihre Branchen-Studie: Welche zusätzlichen Ergebnisse hat diese gebracht?
Überaus interessant sind die Entwicklungschancen, die die Studie für das sächsische Mikroelektronik-Ökosystem über das Jahr 2030 hinaus prognostiziert. Erwartet wird zum Beispiel weiteres Wachstum in den Bereichen Energie- und Ressourceneffizienz („grüne“ Mikroelektronik) sowie in der Fertigungsexzellenz. Zudem geht die Studie auch von einer Ausweitung und Diversifizierung des bestehenden Clusters der Zulieferer- und Dienstleisterstrukturen in der Mikroelektronik aus. Davon werden Unternehmen im gesamten IKT-Bereich, aber auch Forschungseinrichtungen und Start-ups gleichermaßen profitieren.Damit sind nun auch weitergehende Wertschöpfungsanteile in Sachsen perspektivisch in Reichweite, wie etwa eine hochautomatisierte Fabrik für das Verkapseln, also „Packaging“ und Anwendungszentren für moderne Mobilität. Der regionalen Halbleiterindustrie kommt zugute, dass Sachsen ein traditionell starker Standort für den Maschinen- und Fahrzeugbau ist.
Studie: Starke Wachstumseffekte für Standort durch sächsisches Halbleiter-Ökosystem - Wirtschaftsförderung Sachsen
Sachsen ist bekannt für seine starke Forschungslandschaft. Wie sieht das für die Halbleiterbranche aus?

Hier wird beispielsweise an neuen Chipdesigns für KI-Chips gearbeitet, es werden neue Materialien für Transistoren, Sensoren und Speicherbausteine entwickelt, die Halbleiter effektiver und energiesparender machen oder ganz neue Systeme für die nächste und übernächste Generation von Elektronik erforscht. Dieses starke und vielfältige Forschungsumfeld ist auch ein wesentlicher Standortfaktor, wenn es darum geht, Investoren aus der Mikroelektronik für Sachsen zu begeistern.
Dieses Wachstum der Branche funktioniert natürlich nicht ohne die notwendigen Fachkräfte. Wie will Sachsen das lösen?
Das Wachstum der Region wird durch die Staatsregierung des Freistaates flankiert, die die strategische Weiterentwicklung des Standorts mit den notwendigen Rahmenbedingungen und dem Ausbau der erforderlichen technischen und sozialen Infrastruktur unterstützt.Um den entstehenden Bedarf an Fachkräften in der Halbleiterbranche abzusichern, wurden zuletzt zwei konkrete Vorhaben auf den Weg gebracht. So gab es grünes Licht für das Ausbildungscluster Mikroelektronik (SAM). Dieser neue Ausbildungscampus für Mikrotechnologen soll in Radeberg bei Dresden entstehen. Darüber hinaus investieren der Freistaat und die Landeshauptstadt Dresden in einen Neubau des Berufsschulzentrums für Elektrotechnik.
Die Mikroelektronik ist nicht nur Schlüsseltechnologie für die Transformation, sondern auch Treiber für Innovation und Fortschritt. Welche aktuellen Projekte gibt es in Sachsen?

Bereits im September gab es eine EU-Förderung für das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS, um den Aufbau eines Europäischen Kompetenzzentrums für die Test- und Zuverlässigkeitsbewertung von Halbleiterprodukten zu unterstützen. Das »Test and Reliability Center« (TRC) soll zudem die Forschung an neuen Testmethoden weiterführen und damit die europäische Lücke in diesem Bereich schließen.
Im August haben drei Fraunhofer-Institute in Dresden eine zukunftsweisende Forschungsinitiative gestartet: das Chiplet Center of Excellence (CCoE). Gemeinsam mit der Wirtschaft wollen sie die Einführung von Chiplet-Technologien, also Halbleiter aus verschiedenen Produktionen in einem kompakten, integrierten Mikrosystem, vorantreiben. Dafür werden erstmals für die Automobilindustrie Workflows und Methoden für das Elektronik-Design, die Umsetzung von Demonstratoren sowie die Bewertung der Zuverlässigkeit entwickelt.
Halbleitermaterialien - Wirtschaftsförderung Sachsen