Wirtschaft von oben #7 - Flughafen Dschidda Hier entsteht das neue Wirtschaftswunder der Saudis

Saudi-Arabien baut rund um die Pilgerreisen nach Mekka und Medina ein neues Milliardengeschäft auf. Eindrucksvoll zeigt sich das am neuen Flughafen in Dschidda. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.


Wenn ab dem 9. August wieder Millionen Muslime zur großen Pilgerreise, dem Haddsch, nach Saudi-Arabien fliegen, werden einige von ihnen diesmal hier am brandneuen Riesenterminal des Flughafens von Dschidda landen. Im Mai nach etwa einem Jahr Verzögerung offiziell eröffnet, ist das Gebäude der neueste Beleg dafür, wie intensiv sich das Königreich auf die Zeit nach dem Öl vorbereitet. Das Geschäft mit Pilgertouristen soll den Saudis einen neuen Boom bescheren, wenn E-Autos und synthetische Treibstoffe die Umsätze mit fossilem Brennstoff schrumpfen lassen.

Die Ambitionen sind gewaltig: Zuletzt unternahmen jährlich rund sieben Millionen Muslime die kleine oder große Pilgerreise nach Mekka, 2030 sollen es bereits 30 Millionen pro Jahr sein. Und auch danach soll ihre Zahl weiter steigen. Der Flughafen von Dschidda, der seit 1981 ein eigenes Haddsch-Terminal Besitz, soll den größten Teil des damit verbundenen Flugverkehrs abwickeln. Brachte der Flughafen es bis vor einer Weile noch auf eine Kapazität von rund 13 Millionen Passagieren pro Jahr, sollen nun 30 Millionen, ab 2025 etwa 43 Millionen und ab 2035 die atemberaubende Zahl von 80 Millionen Passagieren hier starten und landen. Dazu sollen zwei weitere Terminals (roter Umriss) entstehen. Zum Vergleich: Am Frankfurter Flughafen sind es pro Jahr etwa 70 Millionen Passagiere. Die meisten Passagiere in Dschidda sollen Pilger sein, die zur kleinen Pilgerfahrt Omra während des ganzen Jahres nach Mekka und Medina reisen.

Das neue Terminal, an das 46 Flugzeuge zeitgleich andocken können, besteht aus zwei halbmondförmigen Gebäudekomplexen. Neben der Haus- und Hof-Airline Saudia bietet auch Emirates eine steigende Zahl Sonderflüge etwa während der Haddsch-Saison an.

In Mekka, der wenige Kilometer entfernten heiligen Stadt, die Nicht-Muslime nicht betreten dürfen, kleckert Saudi-Arabien ebensowenig. Mit dem 601 Meter hohen Abradsch al-Bait Tower baute das Land das 2012 zweithöchste Gebäude der Welt, in direkter Nachbarschaft zum berühmten schwarzen Stein, der Kaaba, dem Ziel einer jeden Pilgerfahrt. Der Hauptturm ist dem Big Ben in London nachempfunden und trägt die größte Uhr der Welt. Allein in diesem Haus können bis zu 30.000 Menschen gleichzeitig übernachten. Und es ist nicht der einzige neue Hotelturm der Stadt.

Geplantes Terminal

Eine der großen Herausforderung ist es, in Zukunft die riesige Menge Menschen geordnet und sicher durch die heiligen Stätten zu schleusen. Immer wieder gibt es Massenpaniken. 2015 etwa wurden mehr als 700 Menschen an einer Fußgängerbrücke totgetrampelt. Ziel der Saudis ist es deshalb, die kleine Pilgerreise, die das ganze Jahr über stattfinden kann, auszubauen.

Vor wenigen Tagen hob das Land dafür auch ein langjähriges Verbot auf, dass es Omra- und Haddsch-Pilgern aus dem Ausland untersagte, frei in Saudi-Arabien umherzureisen. Auch das soll den Tourismus stärken. Bisher durften sich Pilger nur in den und um die heiligen Städte Mekka und Medina frei bewegen. Kritiker merken inzwischen allerdings an, dass der Kommerz zunehmend im Mittelpunkt steht. Im Schnitt sorgt jeder Haddsch-Reisende heute für 4000 Dollar Umsatz. Bei 30 Millionen Pilgerern wären das immerhin 120 Milliarden Dollar pro Jahr. Zum vergleich: Saudi Aramco, der staatliche Ölkonzern des Landes, bringt es zurzeit auf etwa 480 Milliarden Dollar Jahresumsatz.

Hunderttausende Pilger treffen in Mekka ein

Doch es ist nicht nur die heimische Wirtschaft, die Saudi-Arabien mit der Pilgeroffensive beflügelt. Das Land baut so auch den Einfluss in der islamischen Welt aus. Viele Pilger, die nach Mekka reisen, waren noch nie im Ausland. Eine solche Reise verändert das Leben vieler dramatisch, heißt es in einer weithin beachteten Studie zweier Harvard-Professoren aus dem Jahr 2008. Sie kamen sogar zu dem Ergebnis, dass die Pilger ein positiveres Frauenbild erhalten, stärker an Frieden, Gleichberechtigung und Harmonie zwischen verschiedenen Religionen glauben. Und natürlich entwickeln Haddsch-Reisende ein positiveres Bild von Saudi-Arabien, so die Studie.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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