SPD-Chef Klingbeil beim Gipfeltreffen der Weltmarktführer „Wir müssen die Abhängigkeit zu Russland reduzieren“

SPD-Co-Chef Lars Klingbeil spricht auf dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer der WirtschaftsWoche. Quelle: Stefanie Hergenröder für WirtschaftsWoche

SPD-Co-Chef Lars Klingbeil äußert sich zur Zukunft deutscher Exporte und fordert eine kritischere Haltung gegenüber dem Kreml. Deutschland müsse unabhängiger werden – und vielleicht Gerhard Schröder aktivieren.

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Lars Klingbeil ließ sich zuschalten, aber an klaren Worten sparte er nicht. Der Co-Chef der SPD forderte auf dem „Gipfeltreffen der Weltmarktführer“ der WirtschaftsWoche in Schwäbisch Hall eine stärkere Abgrenzung Deutschlands von Regimen, die eine andere politische Agenda verfolgten. „Ich glaube, dass Deutschland eine klare Haltung braucht, dass wir unsere Werte deutlich machen müssen und dass wir Abhängigkeiten reduzieren müssen, wenn wir über China und Russland diskutieren“, sagte Klingbeil. „Wir müssen uns anders aufstellen.“

Der SPD-Co-Chef distanzierte sich damit von Teilen der SPD, die auf eine eher russlandfreundliche Strategie setzten. Klingbeil forderte damit indirekt eine neue Ära in der Außenwirtschaftspolitik - und eine Balanceverschiebung in Richtung Moral gegenüber Markt. Der Politiker distanzierte sich außerdem gegenüber Altkanzler Gerhard Schröder, der in einem Podcast der Ukraine „Säbelrasseln“ vorgeworfen hatte und mehr Verständnis für Wladimir Putin forderte.

Mit Bezug auf den Ukraine-Konflikt betonte Klingbeil erneut, dass im Falle einer militärischen Auseinandersetzung „alle Optionen auf dem Tisch“ lägen, also auch ein mögliches Aus der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2. Gleichzeitig forderte der Parteichef eine stärkere Loslösung Deutschlands von den Krisenstaaten der Welt. Die Coronakrise habe gezeigt, dass „wir zu abhängig sind von anderen Staaten“. Wenn Nationen ihre Abhängigkeiten reduzieren würden, könne die Politik „mächtiger gegenüber Regimen auftreten, deren politische Meinung wir nicht teilen“. Aber man dürfe nicht drum herum reden, es gebe eine Abhängigkeit etwa bei den Gasimporten, die zu rund der Hälfte aus Russland stammen. „Wir müssen die Abhängigkeit zu Russland reduzieren.“

Klingbeil warnte aber vor möglichen Fehlern. Es wäre problematisch, wenn man sich einseitig auf Gasimporte etwa aus Katar beschränke. Für den SPD-Co-Chef sind die geopolitischen Verflechtungen ein Beleg dafür, dass Deutschland mit der Energiewende den richtigen Weg eingeschlagen habe. Man müsse „raus aus Kohle“, „raus aus Atom“ und mittelfristig „raus aus Gas“. Erdgas sei lediglich eine Übergangstechnologie. „Wir brauchen Diversifizierung in der Energiewirtschaft.“

Klingbeil hat noch einmal betont, dass er mit Altkanzler und Ex-SPD-Chef Schröder „nicht zu hundert Prozent“ übereinstimme. „Wir führen unter vier Augen auch sehr harte Diskussionen“, sagte Klingbeil. Zur Rolle des Altkanzlers im Ukraine-Konflikt blieb Klingbeil undurchschaubar - und ließ sich Türen offen. Schröder gehöre zu den Leuten, „die Zugang zu Russland haben“, sagte Klingbeil. Es gebe nicht viele, die „bis in den Kreml hinein Gespräche“ führen könnten. „Das ist etwas, was man braucht.“

Als einzigen Kanal zum Kreml wollte Klingbeil Schröder nicht bezeichnen. Es gebe „unterschiedliche Möglichkeiten“. Aber er wisse, „dass ehemalige Regierungen immer darauf gesetzt haben, dass Gerhard Schröder doch mal im Kreml das ein oder andere Wort sprechen kann.“ 

Mehr zum Thema: Der russisch-ukrainische Konflikt bräuchte dringend einen ehrlichen Makler, um die Lage zu entspannen. Deutschland kann diese Rolle aber nicht mehr einnehmen. Leider leidet die deutsche Außenpolitik unter dem Schröder-Syndrom.

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