Ex-Manager Thomas Middelhoff tritt Haft an

Ex-Manager Middelhoff meldet sich zur Haft. Nun muss entschieden werden, ob er als Freigänger weiter in einer Behindertenwerkstatt arbeiten darf. Gefangenenkleidung bleibt Middelhoff zunächst erspart.

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Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff tritt seine Haftstrafe an. Quelle: dpa

Oft ist Thomas Middelhoff in den Jahren seines Manager-Daseins vorangelaufen. Er hat steile Karriereleitern erklommen, Milliardendeals eingefädelt, saß an den Schalthebeln der Macht und führte ein luxuriöses Leben.

Jetzt hat er den bisher wohl schwersten Schritt getan: Haftantritt in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne. Einer der prominentesten deutschen Manager - Ex-Bertelsmann-Chef und zuletzt Vorstandsvorsitzender des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor - sitzt seit Freitag hinter Gittern. Seinen 63. Geburtstag konnte Middelhoff am Mittwoch (11. Mai) noch in Freiheit feiern.

„Gehen Sie ins Gefängnis, gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie keine 2000 Euro ein“ - diese Aufforderung aus dem bekannten Brettspiel für Kapitalisten und Immobilienhaie Monopoly wurde für Middelhoff, der in seinem Leben viel Geld angehäuft hatte, bitterster Ernst. Wegen Untreue und Steuerhinterziehung hatte ihn das Landgericht Essen im November 2004 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Der Bundesgerichthof bestätigte die Entscheidung wenige Monate später.

Bis zuletzt hatten die Verteidiger Middelhoffs versucht, den Haftantritt hinauszuzögern. Wegen einer Autoimmun-Erkrankung, die er sich während seiner fünfmonatigen Untersuchungshaft zugezogen haben soll, zweifelten sie an der Haftfähigkeit ihres Mandanten.

Erst Anfang Mai hatte Middelhoff eine Stelle als Hilfskraft in der Bodelschwinghschen Stiftung Bethel in Bielefeld angetreten. „Tisch decken, abdecken, aufräumen, Dinge von A nach B tragen“, umschrieb Marin Henke, Geschäftsführer der Behindertenwerkstatt, den neuen Job. „Aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit und eines festen Arbeitsplatzes hoffen wir auf eine zeitnahe Unterbringung in einem offenen Vollzug“, sagte Middelhoff-Anwalt Hartmut Fromm.

So kann der bekannte Häftling laut den Leitlinien für den Strafvollzug in NRW tatsächlich damit rechnen, die Strafe nicht im geschlossenen Vollzug antreten zu müssen. Denn auf freiem Fuß befindliche Verurteilte treten grundsätzliche ihre Haft im offenen Vollzug an. Das heißt auch: keine Anstalts-, sondern Privatkleidung.

So oder so - für Middelhoff ist der nun begonnene Lebensabschnitt eine tiefe Zäsur. In einem atemberaubenden Tempo war es mit ihm bergab gegangen. Einmal finanziell: Der Manager, der einst Millionen verdiente, musste Ende März Privatinsolvenz anmelden. Und auch gesundheitlich: Der früher stets sonnengebräunte, dynamisch wirkende Mann ist in der U-Haft nach Angaben seiner Anwälte erkrankt und wurde vorübergehend im Universitätsklinikum Essen behandelt.

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Dabei galt der 63-Jährige noch vor wenigen Jahren als einer der einflussreichsten Firmenlenker Deutschlands. Als Bertelsmann-Chef verdiente er Milliarden für den Gütersloher Medienriesen, danach machte er als Investmentbanker viel Geld in London und rückte auf den Chefsessel beim angeschlagenen Warenhaus-Konzern KarstadtQuelle.

Doch der Einstieg bei KarstadtQuelle erwies sich als Wendepunkt in Middelhoffs Karriere. Es gelang ihm nicht, eine nachhaltige Erholung des Handelsriesen zu erreichen. Anfang 2009 warf er das Handtuch. Wenige Monate später meldete das Unternehmen Insolvenz an.

von Henryk Hielscher, Karin Finkenzeller, Florian Zerfaß

Es sei die „Erbsenzählerei“ der Insolvenzverwalter gewesen, die zum Essener Verfahren geführt habe, in dem Middelhoff am Ende wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, sagte der Vorsitzende Richter Jörg Schmitt. Noch im Gerichtssaal wurde Middelhoff nach der Urteilsverkündung wegen Fluchtgefahr verhaftet.

In der Öffentlichkeit wurde er für viele zum Urbild des „abgehobenen Managers“, der sich im Hubschrauber über den Stau am Kamener Kreuz hinwegfliegen ließ - während der von ihm geleitete Konzern in den Abgrund taumelte.

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