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ExxonMobil-Manager Kalkoffen"Fracking ist sicher"

Der ExxonMobil-Europachef Gernot Kalkoffen verteidigt das umstrittene Förderverfahren für Schiefergas und warnt davor, die Gasproduktion in Deutschland zu unterschätzen.Sebastian Matthes, Dieter Dürand 07.08.2012 - 12:00 Uhr

Europachef des ExxonMobil-Konzerns, Gernot K. Kalkoffen, im Interview mit der WirtschaftsWoche

Foto: dpa/dpaweb

WirtschaftsWoche: Herr Kalkoffen, Exxon hat in den vergangenen Jahren Millionen investiert, um der Schiefergasförderung in Deutschland auf die Sprünge zu helfen. Sie haben Bürgerdialoge angestoßen und Studien auf den Weg gebracht. Warum dieser Aufwand?

Gernot Kalkoffen: Die Förderung aus konventionellen Gasreserven in Europa geht pro Jahr um fünf bis sechs Prozent zurück, diesen Ausfall wollen wir kompensieren.

Schiefergas ist also die letzte Rettung des Gasstandorts Deutschland?

Es ist eine große Chance: Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat vor wenigen Wochen in einer Studie festgestellt, dass die Schiefergasreserven in Deutschland viel größer sind als bislang angenommen.

Die Forscher stützen ihr Urteil aber vor allem auf spekulative Berechnungen.

Zunächst hat die BGR eine grobe Abschätzung geliefert. Aber wir bohren in Deutschland seit Jahrzehnten, um konventionelles Gas zu fördern. Daher können wir recht genau abschätzen, mit welchen Potenzialen zu rechnen ist. Unsere Erkenntnisse decken sich mit den Berechnungen der BGR.

In Deutschland wurden vergangenes Jahr zwölf Milliarden Kubikmeter Gas gefördert. Wird Schiefergas den Rückgang der traditionellen Reserven in Deutschland komplett ausgleichen können?

Vermutlich ja, es ist nur eine Frage der Zeit. Laut BGR hat Deutschland verfügbare Reserven von mindestens 700 Milliarden Kubikmeter Schiefergas. Selbst wenn davon nur die Hälfte gefördert werden kann, wäre das immer noch mehr als unsere konventionellen Reserven, mit denen wir etwa 14 Prozent des gesamten Gasbedarfs decken.

Wie viel Geld haben Sie in Deutschland für die Schiefergas-Exploration ausgegeben?

Einen dreistelligen Millionen- Euro-Betrag.

Infografik

So funktioniert die Erdgasförderung

Weltweit lagern riesige Mengen Erdgas in schwierig zu erreichenden Gesteinsschichten. Neue Fördertechniken ermöglichen es jetzt, sie wirtschaftlich zu erschließen.

In Polen haben Sie dabei viel Geld versenkt: Die Bohrungen in der Nähe von Warschau haben gezeigt, dass weniger Gas in der Erde steckt als erhofft. Das kann auch in Deutschland passieren.

Völlig klar. Bevor wir Plätze mit einer hohen Gaskonzentration finden, müssen wir möglicherweise Jahre suchen, da dürfen wir uns keine Illusionen machen. In den USA haben die Unternehmen schon vor 20 Jahren begonnen. Wir stehen noch am Anfang.

Warum machen wir uns überhaupt so eine Mühe? Anderswo auf der Welt sind die Gasreserven einfacher zu erschließen, die Menge von Flüssiggas aus Ländern wie Katar steigt. Demnächst soll sogar grüner Strom in Gas umgewandelt werden.

Es ist doch gut, wenn das Angebot steigt. Das wirkt insgesamt preisdämpfend und reduziert die zu große Abhängigkeit von Importen. Außerdem wird weniger CO2 ausgestoßen, wenn das Gas, das hier verbraucht wird, nicht erst hierher transportiert werden muss.

Durch das wachsende Gasangebot wird auch die Ölpreisbindung infrage gestellt. Wann wird sie fallen?

Das wird der Markt entscheiden.

Wird dann auch Haushaltsstrom billiger?

Gut möglich. In den USA ist jedenfalls genau das passiert.

Gift-Cocktail - Attac-Aktivisten demonstrieren gegen "Fracking"-Methoden des Energiemultis ExxonMobil

Foto: dpa

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Viele Verbraucher machen sich Sorgen, weil Sie zur Schiefergas-Förderung das umstrittene Fracking-Verfahren nutzen, bei dem teils giftige Chemikalien in die Erde gepumpt werden. Wie gefährlich ist die Förderung?

Die Sorgen der Menschen nehmen wir sehr ernst. Aber ich kann Ihnen versichern: Fracking ist sicher.

Obwohl Sie Millionen Liter Wasser und Chemikalien in unsere Böden pumpen?

Wir pumpen nicht irgendetwas in den Boden. Die Fracking-Flüssigkeit fließt durch mehrfach gesicherte Bohrungen in Hunderte Meter Tiefe. Es ist geologisch und physikalisch unmöglich, dass die Stoffe durch Hunderte Meter Gestein nach oben gelangen und das Grundwasser erreichen. Das haben hochrangige, unabhängige Wissenschaftler in ihrer Risikostudie bestätigt.

Nun wurde aber in den USA vereinzelt doch Fracking-Flüssigkeit im Grund- wasser nachgewiesen.

In den USA ist das Verfahren rund eine Million Mal zur Anwendung gekommen. Das Fracking-Verfahren selbst war dabei nach allem, was wir wissen, nicht in einem einzigen Fall für eine Verunreinigung des Grundwassers verantwortlich. Aber richtig: Wenn obertägig nicht sorgfältig gearbeitet wird, kann es zu Schäden kommen, wobei wir in Deutschland gerade aus diesem Grund versiegelte Bohrplätze haben, anders als andernorts. Im Übrigen sind die Chemikalien in der Fracking-Flüssigkeit stark verdünnt. Chlor ist in konzentrierter Form auch giftig, im Schwimmbad aber stört es nicht.

Also würden Sie auch in ein Becken mit Fracking-Flüssigkeit springen?

Ja sicher.

Warum die Energiepreise steigen
Preistreiber Staat: Einen fetten Teil des Strompreises verantwortet der Staat: 10,30 Euro zahlte 2011 jeder deutsche Haushalt im Monat für die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien, dreimal so viel wie 2008. 20 Prozent verlangen die Kommunen bis 2015 mehr für die Durchleitung von Strom auf ihrem Gebiet. Und auch beim Rohöl langt der Fiskus kräftig zu: 90 Cent pro Liter beträgt der Steueranteil am Benzinpreis 2011, 1990 waren es noch 37 Cent.

Foto: dpa

Preistreiber Stromkonzerne:

Und natürlich halten auch die Energieversorger ihre großen Hände auf: 87 Prozent höher als vor fünf Jahren liegen die Kosten der Stromkonzerne für Beschaffung und Vertrieb; der Posten enthält jedoch nicht nur Ausgaben, sondern auch die Gewinne. 14.000 Jobs wollen RWE und E.On jetzt zusammen in Deutschland streichen. Mangelndes Kostenbewusstsein zählte zum Geschäft. Nun bringen die schmelzenden Atomgewinne ans Licht, was Kunden alles mitbezahlten.

Foto: dpa

Preistreiber Ölkonzerne:

196-mal erhöhten die Ölmultis im vergangenen Jahr die Spritpreise, fast fünfmal so oft wie 1999. 100 Prozent teurer als 2004 notiert derzeit der Preis für Diesel, den die Konzerne mit den Tankstellen abrechnen.

Foto: dpa

Preistreiber Gazprom:

Und auch die Russen haben ihre Finger im Energiepreisspiel: 140 Euro beträgt die Differenz pro 1000 Kubikmeter Gas zwischen dem Preis, den der russische Staatskonzern Gazprom von deutschen Abnehmern verlangt, und dem niedrigeren Preis für verflüssigtes Gas auf den Spotmärkten etwa in Zeebrugge in Belgien.

Nachdem der deutsche Staat, die Energieversorger und Ölmultis und Gazprom jeder ein Stück vom Kuchen abgeschnitten haben, kommt folgendes beim Verbraucher an:

Foto: REUTERS

Der Liter Heizöl kostet 82,9 Cent. Im Vergleich zum Jahr 2006 ist das eine Preissteigerung von 43 Prozent. Der Preis setzt sich zusammen aus...

Foto: dpa

...13,2 Cent Mehrwertsteuer (16 Prozent), 7,6 Cent Mineralölsteuer (9 Prozent), dem Deckungsbeitrag von 1,8 Cent pro Liter (rund 2 Prozent) - darin enthalten sind unter anderem die Kosten für Transport und Lagerung, Verwaltung sowie für die Beimischung von Biokomponenten. Hinzu kommen noch die Kosten für Beschaffung und Vertrieb in Höhe von 60,3 Cent pro Liter (rund 73 Prozent) und fertig ist der Preis für den Liter Heizöl: 82,9 Cent.

Foto: AP

Der Strom kostet derzeit 25,45 Cent pro Kilowattstunde. Das sind 34 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Den Löwenanteil daran verdient der Staat...

Foto: dapd

...so fließen von den 25,45 Cent pro Kilowattstunde rund 14 Prozent - nämlich 3,53 Cent je Kilowattstunde - in die Umlage für Strom aus erneuerbaren Energien. 1,65 Cent (7 Prozent) gehen für sonstige Abgaben drauf, 6,11 Cent (24 Prozent) sind reine Steuern. Hinzu kommen die Kosten für die Nutzung der Netze in Höhe von 5,75 Cent (22 Prozent) und die Kosten für die Energiebeschaffung und den Vertrieb von 8,41 Cent (41 Prozent).

Foto: dpa

Der Liter Diesel kostete dieses Jahr im Schnitt 144,3 Cent. Das sind 33 Prozent mehr als noch im Jahr 2006. Davon sind rund 33 Prozent oder 47 Cent Mineralölsteuer.

Foto: dpa

Weitere 23 Cent (16 Prozent) sind Mehrwertsteuer. Der Deckungsbeitrag (Transport- und Lagerkosten, Verwaltung, Bevorratung, Beimischung) beträgt 14,6 Cent pro Liter (rund 10 Prozent), dazu kommen noch die Kosten für Beschaffung und Vertrieb in Höhe von 59,7 Cent pro Liter (41 Prozent). Alles zusammen ergibt dann den Gesamtpreis von 144,3 Cent pro Liter Diesel.

Foto: dpa

Auch Gas ist teurer geworden, wenn auch nicht in einem solchen Maß wie die anderen Energiearten: Hier sind es nur 10 Prozent mehr als noch im Jahr 2006. Die Kilowattstunde Gas kostet 2011 durchschnittlich 6,64 Cent pro Liter.

Foto: dpa/dpaweb

Von diesen 6,64 Cent sind 0,37 Cent (6 Prozent) Konzessionsabgabe, 1,64 Cent (rund 25 Prozent) sind Steuern und 1,29 Cent oder rund 19 Prozent decken die Kosten für die Nutzung der Netze. Weitere 3,34 Cent pro Kilowattstunde (50 Prozent) decken die Kosten für Energiebeschaffung und Vertrieb. Fertig ist der Gaspreis je Kilowattstunde.

Foto: dapd

Und wenn Sie versehentlich einen Schluck davon trinken?

Kalkoffen: Wäre das auch nicht schlimm.

Aber wenn unter Ihrem Haus gefrackt würde: Würden Sie protestieren.

Nein, wieso?

Es könnte Risse in Ihren Wänden verursachen: In England hat Fracking schon kleinere Erdbeben ausgelöst.

Solche Zwischenfälle können wir ausschließen, indem wir zunächst sorgfältig messen. Wenn wir etwa eine kritische unterirdische Spannung feststellen, dann bohren wir dort nicht. Und wir wissen, wovon wir sprechen: Wir nutzen das Fracking-Verfahren in Deutschland seit Jahrzehnten.

Wie bitte?

Ein Drittel der heimischen konventionellen Gas-Produktion beruht auf dem Fracking-Verfahren. Bislang hat es bei uns weder Umweltschäden, Grundwasser-Verunreinigungen noch Gebäudeschäden gegeben. Das gleiche Verfahren mit sogar weniger chemischen Zusätzen wollen wir nun für die Schiefergas-Förderung nutzen.

Finger weg von Kraftwerksstilllegungen!

Die Warnung der Bundesnetzagentur ist eindeutig: „Stilllegungen weiterer konventioneller Kraftwerke ist derzeit in Deutschland nicht vertretbar.“ Bundestag und Bundesregierung müssten entsprechende Vorschriften verabschieden, um Kraftwerksstilllegungen im Bereich der konventionellen Erzeugung zu unterbinden.

Foto: dpa

Vorsicht vor zu viel Windstrom!

Um das Übertragungsnetz vor Überlastungen zu schützen, müssen die Netzbetreiber klarer als bisher Strom von Windkraftanlagen ablehnen und diese vom Netz nehmen dürfen.

Foto: dpa

Ohne Österreich geht nichts

Im vergangenen Winter mussten mehrfach österreichische Kraftwerke gezielt einspringen, um Lücken bei der Versorgung mit Strom zu sorgen, der für die Regelung im Netz benötigt wird. Diese Rerservekraftwerke, so die Bundesnetzagentur, „werden in etwa gleicher Größenordnung auch im folgenden Winter benötigt“.

Foto: dpa

Riesenstress im Netz

Die Einspeisung und der Transport von immer mehr Windstrom von Nord- nach Süddeutschland zwang die Netzbetreiber zu gigantisch mehr Stromzuführungen und Abschaltungen als im Vorjahr. Im Netz im bayrischen Kriegenbrunn musste der Netzbetreiber Tennet mit 300-mal so viel Strom wie im Vorjahr gegensteuern, an der polnischen Grenze bei Vierraden musste der Netzbetreiber 50 Hertz mit fast 180-mal und im niedersächsischen Conneforde Tennet mit fast 100-mal so viel Strom eingreifen. Mussten die Netzbetreiber im Winter 2010/11 nur 39-mal die Einspeisung von Strom drosseln, war dies jetzt in 197 Fällen notwendig.

Foto: AP

Unkontrollierter Ausbau der Windkraft

Die Gründe für den Dauerstress im vergangenen Winter, so die Bundesnetzagentur, liegen „im unverminderten Zubau von Windleistung“. Vor allem in Norddeutschland.

Foto: dpa

Per saldo bleibt Deutschland Stromexporteur

Trotz der Abschaltung von acht AKW exportierte Deutschland auch diesen Winter mehr Strom als importiert wurde. Der Überschuss der Exporte veränderte sich „nur marginal“, errechnete die Bundesnetzagentur. Ursache dafür war die Inbetriebnahme von Solaranlagen mit einer Leistung von 7.500 Megawatt, fast so viel wie sieben mittelgroße Atomreaktoren, sowie von Windanlagen mit 1.800 Megawatt.

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Niedrigerer Preis am Strommarkt

Der Preis am Spotmarkt, bei dem sich Kunden kurzfristig mit Strom eindecken, lag im vergangen Winter um etwa acht Prozent niedriger als vor einem Jahr. „Mögliche Gründe“, so die Bundesnetzagentur, „könnten in der gestiegenen Einspeisung aus Photovoltaik-Anlagen sowie Windkraftwerken liegen, die sich dämpfend im Preis niederschlägt.“ Immerhin hätten diese Anlagen im vergangenen Winter 38 Prozent mehr Strom eingespeist als vor einem Jahr. Hinzukäme der vergleichsweise milde Winter und ein entsprechend niedrigere Stromnachfrage.

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Traditioneller Kraftwerkspark schrumpft zu schnell

Die neuesten Planungen der Kraftwerksbetreiber laufen darauf hinaus, dass  im Laufe des Jahres so viel Anlagen den Betrieb einstellen, dass im kommenden Winter in Deutschland 1000 Megawatt Leistung weniger als noch vor kurzem prognostiziert zur Verfügung stehen, fast so viel wie ein mittleres Kernkraftwerk. Der Abbau konventioneller Kraftwerke insbesondere in Süddeutschland, warnt die Bundesnetzagentur, wirke sich deshalb „negativ auf die Versorgungssicherheit“ aus.

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30 Prozent Reserve, aber zu wenig Steuerungsmasse

Sieht man von Stromimporten und -exporten ab, reichten rund 70 Prozent des herkömmlichen Kraftwerkparks aus, um den Höchstverbrauch in Deutschland, am 16. November 2011 um 17.45 Uhr, zu decken. Hauptproblem war jedoch der Mangel an Strom am 13. Februar, um den Ausgleich im Netz zu gewährleisten. Diese Lücke konnten die Netzbetreiber nur mit Mühe durch Importe im letzten Augenblick schließen.

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Blackout-Gefahr durch Gasmangel

Der durch Lieferprobleme des russischen Gazprom-Konzerns verursachte Gasmangel bei Kraftwerken in Süddeutschland beschwor im Februar eine brenzlige Situation herauf. Laut Netzbetreibern war es nicht möglich, Reserven zu mobilisieren. „Wäre es in dieser Situation zum Ausfall eines größeren Kraftwerks gekommen, hätte kaum noch Handlungsspielraum bestanden“, resümiert die Bundesnetzagentur. Auch aus diesem Grund gebe es einen „dringenden Zubaubedarf“ bei traditionellen Kraftwerken.

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Hochrisikofaktoren Netz und Wind

Die Einspeisung von Rekord-Windstrommengen in Höhe von 20.000 Megawatt (knapp mittlere 20 AKW) in der Nacht vom 22. auf den 23. Februar überforderten die Netzbetreiber. Kurz vor Mitternacht hätte für eineinhalb Stunden kein Kraftwerk irgendwo anders ausfallen dürfen, andernfalls wäre die Stromversorgung zusammengebrochen.

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Keine echte Störung der Stromversorgung durch die Energiewende

Nach den Erhebungen der Bundesnetzagenturen sorgten die Probleme im vergangenen Winter für keine echten Störungen der Stromversorgung. Diese habe es nur durch den Ausfall konventioneller Anlagen, Beschädigungen von Leitungen oder Blitzschlag gegeben. „Versorgungsgefährdungen aufgrund des Kernkraftausstiegs oder die Verlegung von der zentralen Kraftwerksproduktion auf dezentrale Erzeugung mittels regenerativer Energien hatten in keinem Fall einen erkennbaren Zusammenhang mit den Beeinträchtigungen, auch wenn dies seitens einzelner Unternehmen anders wahrgenommen werden mag.“ Auch bei Spannungseinbrüchen, die von Unternehmen gemeldet wurden, sei „kein Zusammenhang zur Energiewende ersichtlich“.

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Mehr staatliche Eingriffe

Nach den Erfahrungen im vergangenen Winter muss nach Meinung der Bundesnetzagentur der Staat stärker in die Stromversorgung eingreifen. So sollten die Gaskraftwerkbetreiber gezwungen werden, Verträge mit ihren Gaslieferanten abzuschließen, damit diese bei Lieferengpässen die Kraftwerke bevorzugt beliefern und nicht Unternehmen oder andere Zwischenabnehmer wie Stadtwerke. Ebenso sollten Gasnetzbetreiber verpflichtet werden, das Gasnetz auszubauen, um regionale Lieferengpässe besser ausgleichen zu können. Im Extremfall müssten Gasnetzbetreiber sogar angewiesen werden können, bestimmte Kraftwerke zu beliefern. Desweiteren solle die Politik Anreize schaffen, dass mehr Gaskraftwerke gebaut und vorgehalten werden, um beim Versorgungsengpässen schnell einzuspringen.

Foto: REUTERS

Stinker länger am Netz

Die Empfehlung der Bundesnetzagentur ist eindeutig: Alte Kraftwerke, deren Schadstoffausstoß gegen die Vorschriften verstößt und die deswegen stillgelegt werden müssen, sollen weiterlaufen. „Angesichts der gegenwärtigen und zukünftigen angespannten Situation“ sei es erforderlich, meint die Behörde, „immisionsschutzrechtlich bedingte Stilllegungen auszusetzen“. Möglich sei dies „durch Erteilung von Ausnahmegenehmigungen durch die zuständigen Behörden zur Weiternutzung“.

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Wenn das so harmlos ist, wieso haben die Deutschen dann so große Angst davor?

Gute Frage. Die Sorgen haben ihren Ursprung vielleicht in einer veränderten Wahrnehmung. Ein Faktor war sicher der Dokumentarfilm Gasland, der unkonventionelle Gasförderung kritisierte.

Darin wurden brennende Wasserhähne gezeigt...

...die laut unabhängigen Studien nichts mit dem Fracking zu tun hatten. Aber die Bilder bleiben im Gedächtnis. Vielleicht ist es auch eine generelle Technik-Skepsis in Deutschland. Hinzu kommt, dass wir nun auch in Bundesländern aktiv sind, die wenig Erfahrung mit Gasförderung haben. In Niedersachsen fördert die Industrie 95 Prozent des deutschen Gases. Doch auch Nordrhein-Westfalen verfügt über große Schiefergas-Potenziale. Für die Menschen dort ist das Thema neu.

Die waren froh, den Bergbau los zu sein.

Genau. Da will man sich vielleicht nicht gleich einem neuen angeblichen Risikofaktor aussetzen. Das kann ich nachvollziehen. Deshalb sehe ich gerade dort einen hohen Aufklärungsbedarf.

Sie haben vor eineinhalb Jahren versprochen, die Zahl giftiger Chemikalien in der Fracking-Flüssigkeit zu reduzieren. Klappt das?

Ich habe gesagt, dass wir ganz auf giftige Chemikalien verzichten wollen. Von ehemals sieben giftigen Stoffen sind wir heute schon runter auf vier.

Wann geht es ganz ohne Gift?

Meine Einschätzung ist: im nächsten Jahr.

Solche Verfahren sind teuer. Ab welchem Gaspreis lässt sich in Deutschland überhaupt wirtschaftlich Schiefergas fördern?

Die wirtschaftliche Förderung ist eine Frage der Technologieentwicklung.

Es kursieren auch Studien mit Zahlen, wonach die Förderung in Deutschland erst ab einem Preis von mehr als elf Dollar pro Million BTU (26,4 Kubikmeter) Gas wirtschaftlich wäre. Deckt sich das mit Ihren Berechnungen?

Keine Frage, es ist unsere Aufgabe als Unternehmen, wirtschaftlich zu fördern. Das gelingt uns heute bei konventionellem Erdgas, und das wird uns beim Schiefergas auch gelingen, und das nicht auf Kosten des Umweltschutzes.

Nordrhein-Westfalen hat die Tests vorerst gestoppt. Wenn Sie dürften, wie Sie wollten, wo würden Sie in Deutschland Schiefergas fördern?

Erst einmal müssen wir unsere Erkundungen im südlichen Niedersachsen fortsetzen. Erst dann wissen wir, wie viel Gas wirklich in der Erde steckt.

Es ist also auch eine Art Glücksspiel, das mit einer Enttäuschung enden kann?

Das ist nicht auszuschließen. Aber meine Erfahrung sagt mir, dass es sehr wohl interessante Orte gibt, sowohl in Deutschland als auch im Rest Europas. Darauf deuten die geologischen Gegebenheiten hin. Großes Potenzial im Rest Europas hat die Ukraine; aber auch Frankreich und Großbritannien sind vielversprechend.

Ohne politische Unterstützung wird es nirgendwo klappen. Unterscheiden sich die rot-grünen Minister aus Nordrhein-Westfalen in ihrer Einstellung zum Fracking von ihren schwarz-gelben Kollegen aus Niedersachsen?

Generell hat Niedersachsen mehr Erfahrung mit der Gasförderung. Daher stoßen wir dort auf mehr Offenheit. Aber ich bin optimistisch, dass wir auch in Nordrhein-Westfalen vorankommen.

SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wird ihren skeptischen grünen Umweltminister Johannes Remmel überstimmen?

Das Bundesland hat eine starke industrielle Basis, und die muss mit bezahlbarer Energie versorgt werden. Gerade im gewerkschaftsnahen Bereich erleben wir daher großes Interesse am Thema Schiefergas. Dort sieht man, wie die sinkenden Energiepreise in den USA die Industrie antreiben, und fragt sich, wie es wohl in Deutschland weitergeht. Auch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie engagiert sich hier.

Gegen den Willen der Bevölkerung wird die Schiefergas-Förderung dennoch nicht durchzusetzen sein.

Das stimmt. Wir müssen deutlich machen, welche Vorteile die heimische Förderung vor Ort hat. In vielen der über 70 Gemeinden, in denen wir heute schon Erdgas fördern, sind wir der größte Gewerbesteuerzahler. Das geht mit einem Engagement im sozialen und kulturellen Bereich einher. Wir unterstützen Schulen, Feuerwehren und vieles mehr. Das werden wir auch in Zukunft machen.

Das mag gut gemeint sein – Kritiker aber werden Ihnen vorwerfen, die Bevölkerung mit den Gas-Milliarden zu kaufen.

Das Risiko ist uns bewusst. Schlüssel zum Erfolg ist daher ein ausgewogenes, langfristiges und transparentes Engagement.

Die Grünen sind eher dagegen. Dabei müssten sie Interesse daran haben, die schmutzige Kohle zu ersetzen.

In der Debatte erleben wir mitunter Erstaunliches. Manche wissen nicht einmal, dass es in Deutschland überhaupt Erdgas gibt – sind aber gegen Fracking. Das zeigt mir, wie wichtig Aufklärung und Dialog sind.

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